Auf einer runden Plattform zwei Männer die auf Autositzen sitzen und auf einen Bildschrim schauen. Im Hintergrund Besucher, die den Männern zuschauen.

Erkundungen des Jetzt - Exploring the now

10. Jun 2014 - 21. Jul 2014

Ein interaktives Ausstellungsprojekt des Künstlers und Wissenschaftlers Prof. Tom Fritz unter Mitwirkung des Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik der Humboldt-Universität, Berlin, des Max-Planck Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig, und des Institute for Psychoacoustics and Electronic Music, Gent/Belgien, zu Gast im Deutschen Hygiene-Museum

Einführung

Das Erleben von Zeit ist subjektiv. Ein kurzer Moment kann als lang und inhaltsreich erlebt werden, aber Tage können auch spurlos wie im Flug vergehen. Durch gezielte Zusammenführung von Konzepten aus Kunst und Kognitionswissenschaft untersucht diese Ausstellung Möglichkeiten, die Qualität und Dauer des gegenwärtigen Moments zu verändern.

In drei interaktiven Installationen wird den Besuchern die Gelegenheit geboten, mit Zeit und Raum zu spielen und das subjektive „Jetzt“ zu modifizieren. An diesen Installationen können jeweils mehrere Besucher den Zusammenhang zwischen körperlichen Handlungen und sinnlichen Wahrnehmungen für sich neu erlebbar machen. Auf diese Weise wird es möglich, intuitiv mit der eigenen Empfindung von Gegenwart zu experimentieren.

Seit 2008 hat die Schering Stiftung das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Handlungs-Erlebnis-Räume“ unter der Federführung von Professor Jochen Brüning am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik in der Förderung begleitet. Die Arbeit an Wahrnehmungsexperimenten ist beispielhaft für die gemeinsame Suche von Wissenschaftlern und Künstlern nach innovativen Methoden zur kognitiven Erforschung sozialer Interaktion und Synchronisation. Im von der Schering Stiftung geförderten Projekt Erkundungen des Jetzt – Exploring the Now haben ein Mathematiker, ein Kognitions-Wissenschaftler und ein Musiker gemeinsam mit einem Ingenieur neue Wege der experimentellen Ästhetik entwickelt.

Installationen

ZEITKARUSSELL

Im  Zentrum  der  Ausstellung  steht  das  "Zeitkarussell",  eine  Installation,  die  mit  dem Spiegelbild-Erlebnis  experimentiert.  Das  Spiegelbild-Erlebnis  betrifft  das  Empfinden  der eigenen  Identität;  es  führt  zu  der  Wahrnehmung  einer  vergrößerten,  auf  die  Außenwelt projizierten Identität. Spiegelerlebnisse kommen erst dann zustande, wenn ein systematischer Zusammenhang zwischen den eigenen Gedanken und Bewegungen und den Bewegungen des Spiegelbildes  entsteht.  Wichtig  dabei  ist  vor  allem  ein  enger  zeitlicher  Zusammenhang zwischen Ich-Bewegungen und Spiegelbild-Bewegungen, nur dann kann das Ich-Gefühl „in das Spiegelbild schlüpfen“. Wenn das enge zeitliche Verhältnis entfällt, bricht das Spiegelerlebnis zusammen. Dieser  enge  Zusammenhang  zwischen  den  eigenen  Handlungen  und  denen  des Spiegelbildes  wird  im  Spiegelkarussell  systematisch  genutzt,  um  Irritationen  dadurch    zu
erzeugen,  dass  das  Spiegelbild  nicht  synchron  ist.  Im  "Zeitkarussell"  wird  so  eine  neue Erlebnisebene  bei  der  Begegnung mit  sich  selbst  eröffnet. Virtuelle Spiegel  projizieren  dabei Videobilder,  die  Spiegeln  ähnlich  sind,  jedoch  das  Spiegelbild  auf  vielfältige  Weise  zeitlich, räumlich  und  semantisch  verzerrt  zurückspielen.  Allerdings  stehen  nicht  räumlich-figürliche Verzerrungen  im  Vordergrund,  wie  bei  einem  Zerrspiegel.  Stattdessen  wird  durch
Verzögerungen  zwischen  eigener  Handlung  und  ihrer  digitalen  Reflexion  systematisch  eine Verunsicherung darüber erzeugt, ob es sich bei dem, was man sieht, um  das eigene Spiegelbild handelt, um das Spiegelbild eines anderen Besuchers oder um eine Videoaufzeichnung. Ist man zeitlich  nur  wenig  vom  echten  Abbild  entfernt,  dürfte  die  kaum  merkliche  Verzögerung  toleriert werden, im Fokus steht der Umschlagpunkte, an dem die Identifikation verlorengeht. Die Teilnehmer können mit diesem Umschlagspunkt  spielerisch  experimentieren,  und  das  Erlebnis  des  Gegenwarts-Momentes  wird  erweitert, indem  der  Akteur  auf  mehreren  Projektionswänden,  die  auf  ihn  wie  Spiegel  wirken,  seine unmittelbare Vergangenheit  sieht.  Die  beengten  Verhältnisse  auf  der  Beobachtungsplattform machen eine Koordination der eigenen Bewegungen mit denen anderer  Zuschauer nötig, und ermöglichen so eine Ich-Beobachtung in Verbindung mit einer sozialen Interaktion, die häufige Anpassung verlangt.
 

RAD DER ZEIT

Die Zeitmaschine “Rad der Zeit” erweitert das Erlebnis des Gegenwarts-Momentes, indem die Akteure durch Bewegen der Schwungmaschine ihre unmittelbare Vergangenheit sehen können, je schneller sie sich drehen, desto weiter sehen sie in die Vergangenheit. Damit werden die in der  Routine  verborgenen,  sinnlich  erlebbaren  Konsequenzen  von  Handlungen  in  der  Zeit gebrochen. Die dynamische Erforschung der gerade vergangenen Zeit verführt die Akteure zum gemeinsamen Experimentieren. 

JYMMIN

„Jymmin“  [Synthese  aus  'gym'  und  'jamming']  ist  eine  Installation,  die  das  übliche Abarbeiten  an  Fitnessgeräten  mit  der  Idee  der  (gemeinsamen)  musikalischen  Improvisation verbindet.  Die  in  üblicher  Weise  erbrachten  Kraftleistungen  erzeugen  ein  musikalisches Feedback,  das  den  Akteur  dazu  motiviert,  die  Grenzen  seiner  körperlichen Erschöpfung  zu überwinden. Das geschieht dadurch, dass dem Akteur das Erlebnis vermittelt wird, sich mittels der Musik emotional zu artikulieren.  
 
Innerhalb  nur  weniger  Sekunden  kann man  verstehen,  wie  die  eigenen Bewegungen  musikalische  Klänge  erzeugen.  Indem die  dynamischen  Konfigurationen  der Fitness-Geräte  musikalische  Klänge ansteuern,  werden  sie  effektiv  zu Musikinstrumenten.  Die  spontan entstehende  Lust  am  Spiel  dieser Instrumente  hat  mehrere  Quellen. Zunächst  werden sie anders gespielt als herkömmliche  Instrumente,  mit  deren Spiel  man  stereotype  Bewegungsfolgen assoziiert.  Stattdessen  eröffnen  die Fitnessmaschinen  einen  sehr  intuitiven Weg  zur  musikalischen  Klangerzeugung und -improvisation.
 
Sodann  erfordert  die  Klangerzeugung  mit  Fitness-Musikinstrumenten  eine  Kontrolle des ganzen Körpers. Die notwendige erhebliche physische Anstrengung bedeutet zwar „harte Arbeit“,  aber  durch  die  Einschaltung  einer  musikalisch-ästhetischen  Aktion  verschwimmen die  Grenzen  zwischen  Instrumentalspiel,  Work-out  und  Tanz.  Der  Akteur  erlebt  einen Anstieg seines körperlichen Erregungszustandes, aber er tendiert dazu, diesen als Effekt seiner musikalisch-ästhetischen  Aktionen  zu  interpretieren.  Offenbar  wird  durch  diese Neubewertung eine bessere Balance zwischen dem starken körperlichen Engagement und den durch  die  Musik  ausgelösten  starken  Emotionen  erzielt,  als  es  bei  herkömmlichen Instrumenten möglich ist. In diesem ausgeglicheneren Balancegefühl könnte die Erklärung für die verminderte Empfindung von körperlicher Belastung zu finden sein.      
   
Schließlich  stellt  die  Installation  einen  Raum  für  Experimente  mit  mehreren  Akteuren  zur Verfügung, die verschiedene  Maschinen bedienen und durch Koordination ihrer Bewegungen gemeinsame Klanglandschaften herstellen und erforschen können.     

Rundgang

Vor einer orangen Wand eine graue, runde Plattform. Auf der Plattform zwei schwarze Autositze, die zu einem Monitor gerichtet sind. In der Mitte ein runder Tisch.
Vor einer orangen Wand eine graue, runde Plattform. Auf der Plattform zwei schwarze Autositze, die zu einem Monitor gerichtet sind. In der Mitte ein runder Tisch.
Eine Diskokugel, die angeleuchtet wird, hängt in einem schwarzen Raum.
Eine Diskokugel, die angeleuchtet wird, hängt in einem schwarzen Raum.
Zwölf Menschen vor einener quaderförmigen Empore, deren Wände aus Leinwänden bestegen, auf die Bilder eines Treppenhauses projiziert werden.
13 Menschen vor einener quaderförmigen Empore, deren Wände aus Leinwänden bestegen, auf die Bilder eines Treppenhauses projiziert werden. Drei Menschen sind verschwommen.
Ein Mann sitzt auf einem Fittnessgerät für die Rückenpartie. Im Hintergrund Besucher, die ihm zuschauen.
Ein Mann und eine Frau sitzen auf Fitnessgeräten, die auf einem ovalen Teppich stehen.
Ein Mann und eine Frau sitzen auf Fitnessgeräten, die auf einem ovalen Teppich stehen.
Auf einer runden Plattform zwei Männer die auf Autositzen sitzen und auf einen Bildschrim schauen. Die Männer lachen und klatschen sich ab. Im Hintergrund Besucher, die den Männern zuschauen.
Auf einer runden Plattform zwei Männer die auf Autositzen sitzen und auf einen Bildschrim schauen. Im Hintergrund Besucher, die den Männern zuschauen.
Vor einer orangen Wand eine graue, runde Plattform. Auf der Plattform zwei schwarze Autositze, die zu einem Monitor gerichtet sind. In der Mitte ein runder Tisch.
Vor einer orangen Wand eine graue, runde Plattform. Auf der Plattform zwei schwarze Autositze, die zu einem Monitor gerichtet sind. In der Mitte ein runder Tisch.
Eine Diskokugel, die angeleuchtet wird, hängt in einem schwarzen Raum.
Eine Diskokugel, die angeleuchtet wird, hängt in einem schwarzen Raum.
Zwölf Menschen vor einener quaderförmigen Empore, deren Wände aus Leinwänden bestegen, auf die Bilder eines Treppenhauses projiziert werden.
13 Menschen vor einener quaderförmigen Empore, deren Wände aus Leinwänden bestegen, auf die Bilder eines Treppenhauses projiziert werden. Drei Menschen sind verschwommen.
Ein Mann sitzt auf einem Fittnessgerät für die Rückenpartie. Im Hintergrund Besucher, die ihm zuschauen.
Ein Mann und eine Frau sitzen auf Fitnessgeräten, die auf einem ovalen Teppich stehen.
Ein Mann und eine Frau sitzen auf Fitnessgeräten, die auf einem ovalen Teppich stehen.
Auf einer runden Plattform zwei Männer die auf Autositzen sitzen und auf einen Bildschrim schauen. Die Männer lachen und klatschen sich ab. Im Hintergrund Besucher, die den Männern zuschauen.
Auf einer runden Plattform zwei Männer die auf Autositzen sitzen und auf einen Bildschrim schauen. Im Hintergrund Besucher, die den Männern zuschauen.

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