Drohender Abstieg in die Mittelmäßigkeit
Die geplanten Haushaltskürzungen bedeuten für das Deutsche Hygiene-Museum ein Minus von jährlich 1,33 Millionen Euro.
Die Landeshauptstadt Dresden hat im Rahmen der geplanten Haushaltskürzungen angekündigt, gravierende Einsparungen im gesamten städtischen Kulturbereich vorzunehmen. Dabei soll auch der Kostenbeitrag für die Stiftung Deutsches Hygiene-Museum (SDHM) reduziert werden. Da die SDHM paritätisch von der Landeshauptstadt Dresden und dem Freistaat Sachsen finanziert wird, würden der Stiftung rund 1,33 Millionen € pro Jahr fehlen, wenn der Stadtrat diese Kürzung im November beschließen sollte. Was das für das Dresdner Vorzeigemuseum bedeuten würde, erläuterten heute bei einem Pressegespräch die beiden Vorständinnen, Dr. IRIS EDENHEISER, Direktorin, und LISA KLAMKA, Kaufmännische Direktorin.
Die Finanzierung der Stiftung Deutsches Hygiene-Museum durch Stadt und Land
Aufgrund ihrer besonderen Finanzierungssituation wäre die SDHM von den geplanten Kürzungsmaßnahmen aus mehreren Gründen in extremer Weise betroffen. Als Stiftung bürgerlichen Rechts wird sie seit 1999 paritätisch von der Landeshauptstadt Dresden und dem Freistaat Sachsen finanziert. Sie betreibt nicht nur die Programme des Museums, sondern ist - anders als Kultureinrichtungen in kommunaler oder staatlicher Trägerschaft - sowohl für die Bezahlung des angestellten Personals als auch für die Instandhaltung des in ihrem Besitz befindlichen denkmalgeschützten Museumsgebäudes zuständig. Die Gesamtfinanzierung der SDHM basiert einerseits auf den Kostenbeiträgen der beiden Stifter Stadt und Land, andererseits auf den Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Vermietungen des Tagungszentrums sowie aus eingeworbenen öffentlichen und privaten Drittmitteln, die projektgebunden für die museale Arbeit oder für Investitionen in das Gebäude eingesetzt werden.
Im Hauptstadtkulturvertrag aus dem Jahr 2004 wurde festgeschrieben, dass Stadt und Land zur Basisfinanzierung der SDHM komplementäre Kostenbeiträge in Höhe von jeweils 2,5 Mio. € pro Jahr leisten. 2016 haben sich Stadt und Land dann vertraglich darauf geeinigt, ihre Kostenbeiträge um 100.000 € zu erhöhen und der SDHM für notwendige Investitionen jährlich zusätzliche 175.000 € zur Verfügung zu stellen - also insgesamt jeweils 2.775.000 € pro Stifter. Bis 2021 sind die Kostenbeiträge von Stadt und Land dann auf 3.165.000 € gestiegen, danach jedoch trotz Inflation und Mindestlohnerhöhung nicht mehr. Immer wieder hat die Stiftung seitdem notwendige Mehrbedarfe gegenüber den Stiftern vorgetragen und ihre strukturelle Unterfinanzierung thematisiert.
Die Landeshauptstadt Dresden hat nun angekündigt, den Kostenbeitrag für die SDHM um 665.000 € zu reduzieren und damit auf den Betrag aus dem Jahr 2004 in Höhe von 2.500.000 € zurückzufallen. Da die Kostenbeiträge von Stadt und Freistaat immer komplementär erfolgen, würde sich diese Kürzung auf einen Betrag von 1,33 Mio. € verdoppeln; siehe Folie 1.
Einnahmen und Ausgaben der SDHM
Infolge der Inflation und der allgemeinen Kostenentwicklung konnten die Kostenbeiträge der Stifter schon im Jahr 2023 nicht einmal die notwendigen Fixkosten abdecken, die die SDHM allein für den Unterhalt des Museumsgebäudes und die Bezahlung des Personals benötigt.
Aufgrund dieser strukturellen Unterfinanzierung kann die gesamte Programmarbeit - und damit der eigentliche Stiftungszweck - bereits seit mehreren Jahren nur noch und ausschließlich über Drittmittel und die Eigenerlöse (Tickets und Vermietungen) abgesichert werden; siehe Folien 2 und 3.
In diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Haustarifvertrag der SDHM seit Stiftungsgründung spürbar unter den öffentlichen Tarifen liegt; damit verbunden sind nicht nur finanzielle Einbußen für die Beschäftigten, sondern auch Nachteile für die SDHM im Wettbewerb um qualifiziertes Personal.
Bereits erfolgte Einsparmaßnahmen 2024
Um 2024 einen ausgeglichenen Etat gewährleisten zu können, wurden bereits eine Reihe von Einsparmaßnahmen ergriffen. Die Budgets aller Abteilungen wurden um pauschal 20 % gekürzt, zum 1. Januar 2024 wurden die Eintrittspreise erhöht und die Reinigungszyklen im Gebäude und die Besetzung der Museumskasse reduziert. Der gravierendste Einschnitt bestand jedoch darin, dass 2025 nur noch eine Sonderausstellung realisiert werden soll und das bei deutliche verlängerter Laufzeit; bei den Sonderausstellungen handelt es sich um einen Programmbaustein, der insbesondere vom Dresdner Publikum, aber auch in der überregionalen und internationalen Fachwelt geschätzt und mit dem Profil des Museums verbunden wird.
Denkbare Konsequenzen der geplanten Kürzungen
Eine Kürzung des Etats um 1,33 Millionen kann ohne tiefgreifende Einschnitte in das inhaltliche Profil und die Breitenwirksamkeit des Museums nicht mehr kompensiert werden. Noch nicht beschlossene, aber denkbare und finanziell relevante Maßnahmen könnten sein:
- weitere Budgetkürzungen der einzelnen Abteilungen des Museums
- Einführung eines weiteren Schließtages
- Rücknahme des freien Eintritts für Kinder und Jugendliche
- Reduktion der Bildungs- und Vermittlungsprogramme
- Auflösung der finanziellen Rücklage zur Deckung der laufenden Kosten, die ausschließliche für notwendige Investitionen in das denkmalgeschützte Gebäude gebildet wurde
- Streichung der großen Sonderausstellungen für 2025/26, Reduktion des Angebots auf Kinder-Museum und Dauerausstellung
Dr. Iris Edenheiser, Direktorin des Deutschen Hygiene-Museums: „Die politisch Verantwortlichen sollten dringend die drohenden Konsequenzen der in Aussicht gestellten Kürzungen für das Deutsche Hygiene-Museum in ihre Überlegungen einbeziehen. Denn die oben skizzierten Maßnahmen beschreiben ein Szenario, in dem das Vorzeigemuseum Dresdens unweigerlich und in kürzester Zeit in die Mittelmäßigkeit absteigen würde. Wir können uns nicht vorstellen, dass das gewollt ist.“